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MARKUS EGG DIE WIEDERENTDECKUNG EINES OSTHALLSTÄTTISCHEN FÜRSTENGRABES ANMERKUNGEN ZUM FÜRSTENGRAB IM HARTNERMICHELKOGEL 1 BEI KLEINKLEIN (GEM. GROSSKLEIN, BEZ. LEIBNITZ) IN DER WESTSTEIERMARK In kaum einer anderen Kleinregion in Mitteleuropa kann man die Herausbildung mächtiger politischer Eliten besser studieren als in der Umgebung der späturnenfelder- bis hallstattzeitlichen Höhensiedlung am Burgstallkogel zwischen den Gemeinden Gleinstätten und Großklein (Abb. 1) 1. Westlich von ihm erstreckt sich die große Sulmtalnekropole 2 und östlich davon liegt der Separatbestattungsplatz bei Kleinklein, der die reichsten Fürstengräber der gesamten Osthallstattkultur enthielt (Abb. 1-2) 3. Der Burgstallkogel spielte nur in dieser Epoche eine überregionale Rolle und blieb von großflächigen Übersiedlungen in späterer Zeit weitgehend verschont. Auch die Grabhügel blieben, abgesehen von einigen Plünderungen im 19. Jahrhundert, weitgehend unberührt, und erst in jüngster Zeit wurden einige Grabhügel ausgeraubt. Nur Erosion und einige durch die Landwirtschaft bedingte Eingriffe sowie die vielleicht etwas zu früh einsetzende Forschungstätigkeit trüben die Fundüberlieferung. Die Erforschung begann mit der Entdeckung des Fürstengrabes im Hartnermichelkogel 1 in Kleinklein im Jahre 1844 4 (Abb. 2). Der Grundbesitzer Michael Pichler, vulgo Hartnermichel, ließ den 31/2 Klafter (6,65m) 5 hohen Grabhügel mit einem Umfang von ca. 70 Schuhen (ca. 22-23m) abgraben, um Kieselsteine zu gewinnen. In der Mitte stieß der Bauer auf ein aus Steinen gebautes »Grabgewölbe« von 4m Länge und 60cm Breite. Sehr wahrscheinlich handelte es sich um die kleine Ausgabe einer rechteckigen Steingrabkammer, wie sie aus vielen fürstlichen Grabanlagen des Osthallstattkreises bekannt geworden sind 6. Michael Pichler entdeckte ein bronzenes Antennenschwert, ein Lappenbeil aus Bronze, Bronzeblech- und Dobiat, Burgstallkogel. – R. Smolnik, Der Burgstallkogel bei Kleinklein II. Die Keramik der vorgeschichtlichen Siedlung. Veröff. Vorgesch. Seminar Marburg Sonderbd. 9 (Marburg 1994). 2 Auf den ersten Blick wähnt man sich einer Vielzahl von Grabhügelgruppen gegenüber (Dobiat, Kleinklein 17f. Karte 1-2). Eine kritische Betrachtung der Pläne sowie Begehungen ergaben, dass die eigenartige Gruppenbildung weniger durch eine bewusste Anlage in der Eisenzeit als vielmehr durch die natürliche Geländeformation sowie durch mittelalterliche bis neuzeitliche Eingriffe in die Landschaft bedingt sein dürfte (Egg, Fürstengräber 63 Anm. 77). Es fällt nämlich auf, dass auf den gerodeten Flächen nur Großgrabhügel erhalten blieben, während in den bewaldeten Zonen auch die kleineren Tumuli noch vorhanden sind. Bei günstiger Lichteinstrahlung lassen sich auf den Wiesen wellige Strukturen erkennen, die mit größter Wahrscheinlichkeit von eingeebneten kleineren Grabhügeln herrühren. Die Wiese, auf der sich die wenigen Tumuli der Tschoneggerfranzlgruppe erheben, verbindet die Höchschusterwald- und Ofenmacherwaldgruppe mit der Grellwaldgruppe. Nach Westen schließen 1 3 4 5 6 daran die Kaiserschneiderwald- und die Forstwaldgruppe an, und fast hat man den Eindruck, dass die Nekropole einem Zugangsweg auf den natürlichen Höhenrücken folgte, an deren Spitze die vier Wiesenkaisertumuli standen. Außerdem scheint sich die Nekropole auch nach Süden, auch einem Weg von den Tschoneggerfranzltumuli bis zur Kürbischbauergruppe folgend, erstreckt zu haben. Demzufolge dürfte einst ein stattlicher Teil der Gruppen westlich des Burgstallkogels zu einer großen Nekropole gehört haben. Vgl. Schmid, Klein Glein. – Dobiat, Kleinklein. – Dobiat, Burgstallkogel. – Smolnik, Burgstallkogel (s. Anm. 1). Pratobevera, Saggauthal 186f. – Schmid, Klein Glein 221f. – Kramer, Geschichte 161ff. V. Radimský hielt die Höhenangabe für deutlich überschätzt (V. Radimský, Urgeschichtliche Forschungen in der Umgegend von Wies in Mittel-Steiermark I. Mitt. Anthr. Ges. Wien 13, 1883, 63f.). Vgl. dazu Dobiat, Kleinklein 56ff. Abb. 5-6. – Dobiat, Kröll-Schmiedkogel 34ff. Abb. 2. – Egg, Strettweg 6ff. Abb. 3-5. – M. Golec, Ein Dromos in Mähren. Arch. Rozhledy 56, 2004, 352 ff. 93 94 Abb. 1 Der Burgstallkogel und die ihn umgebenden Nekropolen. – (Nach C. Dobiat, ergänzt). Abb. 2 Karte der Fürstengrabhügel bei Kleinklein. – (Nach C. Dobiat). Keramikfragmente 7 (Abb. 3). Kajetan Sermonet, Oberamtmann der Herrschaft Arnfels, ließ die Funde sicherstellen und übergab sie dem damals noch jungen Steiermärkischen Landesmuseum Joanneum in Graz. Heute ist keines dieser Objekte mehr zugänglich, denn die Bruchstücke sind nicht identifizierbar, und Schwert und Beil 8 wurden in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts gestohlen 9. 1861 ebnete der oben bereits erwähnte Michael Pichler den Hartnermichelkogel 1 endgültig ein, und dabei traten erneut Bronzeobjekte zu Tage, von denen ein Teil in den Besitz des Joanneum gelangte 10. Glücklicherweise verfasste der Offizial am Archiv, Münzen- und Antikenkabinett, Friz Pichler, einen kurzen Text zu diesen Funden und fertigte Zeichnungen der Objekte an, so dass sie heute noch bestimmbar sind 11. Wegen der recht beachtlichen Bedeutung dieses Textes für die Rekonstruktion der Grabbeigaben sei er hier in vollem Wortlaut wiedergegeben: Pratobevera, Saggauthal 186f. – Schmid, Klein Glein 222f. Abb. 5-6. – W. Schmid berichtet, dass laut mündlicher Überlieferung auch ein Helm vom Finder Pichler abgeliefert worden sei. Dieser »Helm« erscheint aber sonst nirgends. 8 Zum Schwert vgl. Pratobevera, Saggauthal 187f. Taf. 1, 5. – Schmid, Klein Glein 222 Abb. 5-6. – Müller-Karpe, Schwertgrab 25ff. – Müller-Karpe, Vollgriffschwerter 115 Taf. 54, 5. – Dobiat, Kleinklein 371 Taf. A 1, 7. 14. – Krämer, Vollgriffschwerter 38 Taf. 19, 115. – Zum Beil vgl. außerdem noch Mayer, Beile 171 Taf. 62, 836. 9 Kramer, Geschichte 163. 7 Schmid, Klein Glein 223. – Kramer, Geschichte 163. – Im Manuskript von F. Pichler vom 16. Sept. 1861 wird erwähnt, dass ein »in Graz angestellter Herr Semernig« einen Teil des Fundes von 1861 angekauft hätte. 11 Dieses Manuskript gelangte auf unbekannten Wegen in den Besitz von G. von Merhart, Professor in Marburg a. d. L., der es in den dreißiger Jahren dem Joanneum überließ (Schmid, Klein-Glein 223 Anm. 4). C. Dobiat entdeckte nach dem 2. Weltkrieg das Manuskript in Graz und veröffentlichte die beiden Tafeln (Dobiat, Kleinklein 371 Taf. A, 1, 1-6. 8-13. 15-20) und überließ dem Autor eine Kopie. 10 95 Abb. 3 Kleinklein, Hartnermichelkogel 1, Funde aus der Grabung von 1844: 1 Bronzenes Antennenschwert vom Typ Tarquinia-Steyr. – 2 Lappenbeil vom Typ Hallstatt, Variante Kleinklein. – M = 1:3. – (1 nach W. Krämer; 2 nach E. F. Mayer). [Seite 1] In dem Augenblick Ihres Scheidens, hochverehrter Herr 12, kann ich den Dank für die tausend Früchte Ihres Lehrens und Wirkens in Steiermark meinerseits nicht besser ausdrücken, als indem ich die jüngsten Nachtraege zu den von Ihrer Meisterhand geschriebenen Grabalterthümern zu Klein-Glein in einer einfachen Copie vorlege. 12 96 Mit dem »hochverehrten Herrn« ist höchstwahrscheinlich Eduard Pratobevera, der Begründer der steiermärkischen Vorgeschichtsforschung, gemeint, unter dessen Leitung Pichler seinen Dienst im Joanneum begann. Die beifolgenden Bronzegegenstaende, welche den Funden von 1844 (Siehe Mittheil. des hist. Ver. für St. 1857. VI. 185 [Pratobevera, Saggauthal 185] und im Sommer 1860 (sieh ebd. 1861. X. 265 [Weinhold, GrabAlterthümer 265ff.]) des Saggauthales sich eng anschließen, wurden im August 1861 von Vincenz Krebenz, dessen Name schon seit dem erstgenannten Funde bekannt ist, aus Klein-Glein dem Antikencabinet des Joanneum überbracht und für dieses durch Se Exzellenz den jubilierten Landeshauptmann Ignaz Maria Grafen von Attems erworben. Die Stücke sind nur der Rest eines Fundes, den im Verlaufe dieses Sommers der Pichler Michel, vulgo Hartnermichel, in dem seinem Hause zunächst gen Osten liegenden Hartnermichelkogel gethan hat. Dieser durch Abgrabung mittlerweile ganz verschwundene »Hoadnkogel« liegt [Seite 2] in dem (Mitth. 1857 p. 186 [Pratobevera, Saggauthal 186]) beschriebenen Gebiet und auf diesem stieß man beim Ziegelgraben unter einer mäßigen Erdschicht auf ein Gewölbe von Kieselsteinen. Nach Einsturz dieses fand man verschiedene Stücke durcheinander liegen »Degen, Rüstung und kleines Zeugs« und spürte Leichengeruch und Verbranntes. Näheres über die Bauart des Hügels und die Lage der Funde weiß der Überbringer nicht. Man hat auf diesen Stellen auch oft Lichter aufflackern sehen und ein des Nachts vorübergehendes Maedel ist einmal ganz kaeseweiß zurückkommen; es hat nämlich ein Getöse wie von einer hinter sich zugeschlagenen Thüre gehört und einen »Lotter« ober auf dem Hügel gesehen. Übrigens geht auch sonst Gelaerme wie von der wilden Jagd, besonders im Gudeswald. Taf. I. enthält ausschließlich die Theile von Rüstung und zwar die einigermaßen charakteristischen; besonders sind die Randstücke bei 6. zu beachten. Taf. II enthaelt über den Gehaengestücken Theile von Spangen, Ringe und Gebiege, welche [Seite 3] wie 14. und 10. sich auf Taf. III wiederholen und sich in ihrer Anwendung darstellen. Der Hohlteller wurden drei, der größeren Ringe zwei, ein kleinerer und vier Knotenspangenstücke von anscheinbar sehr weiter Peripherie überbracht. Sehr merkwürdig und für Steiermark neu sind die wohl zusammengehoerigen Stücke Taf. III. 1. und die beiden von Taf. IV, nicht unwichtig auch Taf. III. 3 & 4. Die beigegebenen, hier nicht abgebildeten, Thonstücke, drei Postamenchten, eine Art Wirtel und zwei Henkelstücke – vielleicht ganz modern – haben keine außergewöhnliche Form. An Holzresten findet sich nur in dem Eckstücke 1. von Taf. IV. eine Spur. Da schon diese Stücke das Bild der bisher entdeckten Funde ergaenzen und Formen aufweisen, welche bis in die jüngste Zeit den hallstaedter Graebern fehlen, so waere es geboten den Verschleppungen des gleiner Fundes ernstlich nachzugehen. Als Kaeufer eines Theiles des jüngsten gleiner Fundes wird »der in Graz angestellte Herr Semernig« bezeichnet. Diese Zeilen widmet dem scheidenden Ausschußer des historischen Vereins für Steiermark das Mitglied [Seite 4] desselben Friz Pichler landsch. Official am Archiv Münzen- und Antikenkabinett des Joanneum Graz den 16. September 1861 Zu dem Text gehörten ursprünglich vier Tafeln, von denen bedauerlicherweise heute nur noch zwei vorliegen 13. C. Dobiat veröffentlichte 1980 die Abbildungen 14, allerdings ohne den Text F. Pichlers. Auf den 13 Schon W. Schmid berichtete 1933 nur von zwei Tafeln (Schmid, Klein-Glein 223 Anm. 4). 14 Dobiat, Kleinklein 371 Taf. A, 1, 1-6. 8-13. 15-20. 97 Abb. 4 Kleinklein, Hartnermichelkogel 1, Funde aus der Grabung 1861, Tafel I nach F. Pichler: 1-3 Bruchstücke von Nietleisten von Bronzegefäßen. – 4 Blechfragment mit Klapperblechen. – 5 Randfragment eines Bronzepanzers. – 6 Helmfragment aus Bronze. – M = 1:2. Abb. 5 Kleinklein, Hartnermichelkogel 1, Funde aus der Grabung 1861, Tafel II nach F. Pichler: 7-8 Bronzeringe. – 9 Bronzeperle. – 10 Bronzering vom Pferdegeschirr. – 11 Geperlte Bronzestabfragmente (Halsring). – 12 Fragment eines Bronzearmringes. – 13 Bronzekettchen mit Klapperblechpaar. – 14 Bronzehülse mit Ring vom Pferdegeschirr. – 16-17 Blechfragmente mit Klapperblechen. – M = 1:2. erhaltenen Tafeln I und II (Abb. 4-5) wurden Bronzeblechfragmente, zum Teil mit Klapperblechanhängern (Abb. 4, 4; 5, 13. 16-17), Nietleisten (Abb. 4, 1-3), die sehr wahrscheinlich von Situlen herrühren, und ein größeres Blechfragment mit verziertem Rand (Abb. 4, 6) abgebildet. Außerdem finden sich auf Tafel II noch Bruchstücke von geperltem Ringschmuck (Abb. 5, 11), ein Armringfragment (Abb. 5, 12), mehrere Ringe (Abb. 5, 7-8), eine Bronzeperle (Abb. 5, 9) und eine gerippte Hülse mit einer Öse und eingehängtem Ring (Abb. 5, 10. 14). Es wurde allgemein angenommen, dass die Objekte aus dem Jahr 1861 verloren gegangen sind. Ein nicht minder trauriges Schicksal erlitt der Tumulus selbst: Nach der Einplanierung wurde darauf ein Stall errichtet, und man sieht heute keine Spur des einst recht beachtlichen Grabhügels mehr. Im Zuge des vom Steiermärkischen Landesmuseum Joanneum und dem Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz gemeinsam betriebenen Projektes »Das späthallstattzeitliche Fürstengrab im Kröllkogel bei Kleinklein in der Weststeiermark« 15, in dessen Rahmen alle eisenzeitlichen Funde aus 15 98 Egg/Kramer, Krieger. Wir benutzen bewusst die Bezeichnung »Kröllkogel«, da die Nachgrabungen von 1995 sichere Beweise für die von C. Dobiat vorgeschlagene Zusammenlegung von Kröll- und dem fiktiven Schmiedkogel geliefert haben (C. Dobiat, Bemerkungen zu den »fünf« Fürstengräbern von Kleinklein in der Steiermark. Schild von Steier 15/16, 1978/79, 57ff.). Der Schmiedkogel ist eine reine Erfindung W. Schmids (Schmid, Klein Glein 247ff.), und wir sehen keinen Sinn darin, durch die Bezeichnung »Kröll-Schmiedkogel« diesen Irrtum zu prolongieren. Kleinklein gesichtet wurden, entdeckten wir zu unserer großen Überraschung im Grazer Museum Fundstücke aus dem Ankauf von 1861. Da sie keine Inventarnummer besaßen und zunächst keinem Grab zugewiesen werden konnten, wurden auch diese Fragmente in Mainz restauriert 16 und wissenschaftlich untersucht. Ein Vergleich der Originale mit den im Maßstab 1:1 angefertigten Zeichnungen F. Pichlers (Abb. 4-5) ergab eine vollständige Übereinstimmung, so dass die Zuordnung zum Hartnermichelkogel 1 außer Zweifel steht. Das Randbruchstück mit Dreieckszier (Abb. 4, 6) wurde im Laufe der Forschungsgeschichte recht unterschiedlich interpretiert: Einige Gelehrte hielten es für einen Teil eines Bronzekessels 17, während andere eine Zugehörigkeit zu einem südostalpinen Bronzepanzer vermuteten 18. Die Restaurierung sowie eingehende Vergleiche ergaben jedoch, dass das Randbruchstück weder von einem Kreuzattaschenkessel noch von einem Panzer, sondern von einem Bronzehelm stammt. Das Randfragment aus Bronzeblech ist 11,2cm hoch (Abb. 6, 1; Taf. 5, 1-2). Es besteht aus 0,4-0,5mm starkem Bronzeblech, das sich am Rand stufig verdickt und eine Materialstärke von 1,4mm erreicht. Das Innere bedecken dichte Reihen von Hammerspuren. Die Abdrücke der Finne des Hammers verlaufen parallel zum Rand und streckten das Blech des Helms. Im Zuge der Restaurierung konnte auch noch ein anpassendes Blechfragment mit den gleichen Hammerspuren entdeckt und angefügt werden. Etwas über dem Rand findet sich noch der Überrest eines Nietloches mit einem Durchmesser von ca. 4,5mm. Stellt man das Fragment auf seinen Rand, so zeichnet sich eine konische Grundform ab. Den Rand ziert an der polierten Außenseite ein eingeritzter Zickzackfries von 1,4cm Breite. Zwei Linien begrenzen den Fries, und dazwischen schlängelt sich ein glattes Zickzackband hindurch. Die darunter und darüber liegenden Dreiecke wurden in unterschiedlicher Richtung schraffiert. Weder die konische Form, der stufig verdickte Rand noch die Hammerspuren und der Zickzackfries begegnen auf den Kreuzattaschenkesseln oder den Panzern, aber auf den konischen Helmen mit Rosshaarkamm finden sich nahezu perfekte Entsprechungen 19 (Abb. 8): Alle zeichnet die konische Grundform aus, und der fast gleiche, eingeritzte Zickzackfries mit den schraffierten Dreiecken begegnet in fast identischer Ausführung auf dem Helm aus Picugi in Istrien 20 und auf dem Helmfragment aus der Fliegenhöhle von Skočjan (St. Kanzian) in Slowenien 21 sowie mit leichten Abweichungen auch auf dem Helm aus Grab 2 von Novilara-Servici in den Marchen in Italien 22 (Abb. 8, 2-4). Die sehr präzise ausgeführten Querschnittzeichnungen der Helme aus den Nekropolen von Novilara lassen erkennen, dass auch sie alle die gleiche stufig verdickte Randbildung besaßen 23 (Abb 8, 1-2). Auch das Loch über dem Helmrand findet bei allen konischen Helmen mit Rosshaarkamm eine Parallele (Abb. 8): Es stammt von den stets paarweise angebrachten Löchern für den Kinnriemen seitlich über den Schläfen 24. Letztlich sprechen auch die deutlichen Hammerspuren im Inneren für einen Helm, denn auf den Kreuzattaschenkesseln, die als einzige eine ähnliche Randgestaltung besitzen, sucht man vergeblich nach derart kräftig ausgeprägten Hammerspuren: Da das Innere bei den Kesseln einsehbar war, wurden sie in der Regel geglättet. Bei Helmen hingegen war das Helminnere vom Helmfutter aus organischem Material verdeckt 25, und aus diesem Grund ließ man die Hammerspuren in der Regel stehen. 16 17 18 19 20 Diese Arbeiten nahmen dankenswerterweise Jasmin Munir, Leslie Pluntke und Lisa Bröhl in den Restaurierungswerkstätten des RGZM vor. Schmid, Klein Glein 253. – Prüssing, Bronzegefäße 73f. Taf. 72, 269. Hansen, Panzerung 8 Abb. 1, 7. Vgl. dazu Hencken, Helmets 163ff. (hier unter der Bezeichnung »Conical Helmets with Double Crests«). – Egg, Helme 218ff. Hencken, Helmets 169 Abb. 137. – J. Mladin, Brončane Posude i Šljemovi iz Istre (Bronzegefäße und Bronzehelme aus Istrien). Diadora 7, 1974, 111 Taf. 20. 60, 1. Teržan, Halbmondfibeln 60f. Abb. 8, 1. Beinhauer, Novilara 725 Taf. 50, 621. 23 Beinhauer, Novilara Taf. 35, 498. 50, 621. 78, 899. 24 Theoretisch könnte das Randfragment auch im Nackenbereich gesessen haben, wo die Löcherpaare für den Rosshaarkamm fast bis zum Rand herabreichen. Das anpassende Fragment, auf dem sich keine Löcher finden, schließt jedoch diese Möglichkeit aus. 25 Im Fall des Helmes aus Grab 2 von Novilara-Servici handelte es sich um ein geflochtenes Futter (Beinhauer, Novilara 725). 21 22 99 Abb. 6 Kleinklein, Hartnermichelkogel 1, Grabung 1861: 1 Randfragment eines konischen Bronzehelmes mit Rosshaarkamm. – 2 Fragment von der Kalotte eines konischen Bronzehelmes mit Rosshaarkamm. – 3 Randfragment eines Bronzepanzers. – 4-5 Fragmente einer Bronzesitula. – 6-7 Randbruchstücke eines Bronzedeckels mit Klapperblechen. – 8 Klapperblechanhänger. – M = 1:2. Unter den zahlreichen im Steiermärkischen Landesmuseum Joanneum in Graz verwahrten Bronzeblechfragmenten ohne Inventarnummer mit der Fundortangabe Kleinklein, die sich einer Zuordnung zu einem der vier Fürstengräber entziehen, fielen noch zwei zusammengehörige Bruchstücke auf (Abb. 6, 2; Taf. 5, 2), die exakt die gleichen, in dichten waagerechten Reihen eingeschlagenen Hammerspuren auf den Innenseite aufwiesen wie das Randfragment des Helmes. Auf den Bruchstücken lassen sich vier übereinander liegende kreisrunde Löcher in einer Linie im Abstand von ca. 2,5cm erkennen. Außerdem wurde in einem Abstand von ca. 1,3cm eine parallele Löcherreihe eingeschlagen, die aber sehr viel schlechter erhalten ist. Zwei Lochreihen, die über den Scheitel laufen, sind ein typisches Merk- 100 Abb. 7 Kleinklein, Hartnermichelkogel 1, Grabung 1861: Rekonstruktion des konischen Bronzehelmes mit Rosshaarkamm: 1 Seitenansicht. – 2 Vorderansicht. – M = 1:2. – (Zeichnung J. Ribbeck). 101 Abb. 8 Konische Bronzehelme mit Rosshaarkamm: 1 NovilaraServici, Grab 30. – 2 Novilara-Servici, Grab 2. – 3 Picugi. – 4 Skočjan (St. Kanzian), Fliegenhöhle. – M = 1:3. – (1-2 Nach K. W. Beinhauer. – 3 Nach J. Mladin [Anm. 20]. – 4 Nach B. Teržan). mal der konischen Helme mit Rosshaarkamm (Abb. 8); an ihnen wurde der eponyme Rosshaarkamm befestigt. Obwohl die Bruchstücke aus Kleinklein nicht auf den Zeichnungen von F. Pichler erscheinen und auch kein direkter Anschluss zum Randfragment vorliegt, kann aufgrund der gleichen Hammerspuren sowie der Löcherreihen mit fast 100%iger Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass sie Bestandteile ein und desselben Helmes aus dem Hartnermichelkogel 1 waren (Abb. 7). Ob diese Stücke schon 1844 oder erst 1861 entdeckt wurden, bleibt dahingestellt. 102 Abb. 9 Verbreitung der konischen Bronzehelme mit Rosshaarkamm (nach H. Hencken ergänzt): 1 Novilara. – 2 Bei Triest. – 3 Verucchio. – 4 Beram (Vermo). – 5 Picugi – 6 Kleinklein. – 7 Gorenje selo. – 8 Skočjan (St. Kanzian). – 9 Numana. Ein Blick auf die Verbreitungskarte 26 der konischen Helme mit Rosshaarkamm (Abb. 9) zeigt, dass der Helm aus dem Hartnermichelkogel 1 wohl kaum in der Steiermark hergestellt worden war, denn er stellt den nördlichsten Repräsentanten dieser Helmform dar. Der Verbreitungsschwerpunkt liegt im oberen Adriagebiet. Die meisten Helme dieser Art, insgesamt vier Exemplare, kamen in den Gräberfeldern von 26 Hencken, Helmets Abb. 132. – Egg, Helme 219 Abb. 11. – Nachzutragen gilt es neben dem Kleinkleiner Exemplar noch das Helmfragment aus der Fliegenhöhle bei Skočjan (St. Kanzian) (Teržan, Halbmondfibeln 60 Abb. 8, 1). Wegen dem gleichen Zickzackband mit schraffierten Dreiecken dürfte auch noch ein kleines Randbruchstück aus Trnovo im westlichen Slowenien (M. Guštin, Notranjska – zu den Anfängen der Eisenzeit an der nördlichen Adria. Cat. et Monogr. 17 [Ljubljana 1979] 67 Taf. 12, 5) zu einem konischen Helm mit Rosshaarkamm gehört haben. Wegen der geringen Größe des Fragmentes kann aber auch eine Zugehörigkeit zu einem Kreuzattaschenkessel, auf dem in einem Fall auch das exakt gleiche Zickzackband auftritt (F. Starè, Prazgodovinske Kovinske Posode iz Slovenije [Urgeschichtliche Metallgefäße aus Slowenien]. Zbornik Fil. Fak. (Ljubljana) 2, 1955, 157 Taf. 38, 1), nicht ausgeschlossen werden. 103 Novilara zum Vorschein, und das Exemplar aus Verucchio (Taf. 6, 1) verdichtet dieses Vorkommen in der Grenzregion zwischen den Marchen und der Emilia-Romagna. Eine weitere Konzentration findet sich in Istrien und den angrenzenden Küstengebieten Sloweniens und Italiens. Der Helm aus Gorenje selo in Unterkrain verbindet das Helmfragment aus Kleinklein als nordöstlichsten Vertreter mit dem Hauptverbreitungsgebiet. Außerdem scheint noch eine Darstellung eines solchen konischen Helmes mit Rosshaarkamm vorzuliegen: G. Colonna machte darauf aufmerksam, dass auf dem monumentalen Kriegerkopf aus Stein von Numana in den Marchen ein konischer Helm mit Rosshaarkamm sitzt 27. Die Kalotte wirkt zwar etwas stärker abgerundet, aber das Zierband am Helmrand und der hinten bis in den Nacken reichende Rosshaarkamm stimmen mit den Originalhelmen überein. Numana fügt sich als südlichster Vertreter gut in dieses Vorkommen der konischen Helme mit Rosshaarkamm ein. Das Verbreitungsbild spiegelt wider, dass die Bewohner des Burgstallkogels schon in einem frühen Abschnitt der Hallstattzeit Kontakte bis zum Mittelmeerraum geknüpft hatten und damit am überregionalen Gütertausch partizipierten. In eine ähnliche Richtung weist auch das Antennenschwert vom Typ Tarquinia (Abb. 3, 1) 28. Solche Waffen treten in dem riesigen Gebiet zwischen Mittelitalien und Norddeutschland auf. Ein klarer Verbreitungsschwerpunkt liegt dabei in Mittelitalien. Allerdings unterscheiden sich die italischen Exemplare durch die Fischgrätmuster auf den Wülsten der Griffe von den Schwertern der Variante Tarquinia-Steyr, die nördlich von Italien vorkommen. Trotzdem lässt die Ähnlichkeit beider Varianten auf Kontakte zwischen beiden Regionen schließen. H. Hencken vermutete in seiner Studie zu den ältesten europäischen Helmen noch viel weiter reichende Kulturverbindungen für die konischen Helme mit Rosshaarkamm 29: Er verwies auf die Ähnlichkeit mit Helmdarstellungen aus dem späthethitischen und kretischen Bereich 30. Laut seiner Meinung leiten sich die konischen Helme mit Rosshaarkamm aus dem östlichen Mittelmeerraum oder gar dem Vorderen Orient ab, obwohl man einschränkend hinzufügen muss, dass bislang weder im ägäischen noch im vorderorientalischen Bereich ein Helm dieser Art entdeckt wurde. In jedem Fall stellt der Rosshaarkamm mit dem Schweif eine aus dem Vorderen Orient bzw. der Ägäis stammende Helmzier dar 31, die sich erst im Zuge des orientalisierenden Einflusses im späten 8. und 7. Jahrhundert v. Chr. in Italien verbreitete. Zur Zeitstellung der konischen Helme mit Rosshaarkamm sei bemerkt, dass nur die Helme aus Oberitalien, die aus gut datierbaren Gräbern stammen, Anhaltspunkte für eine Datierung liefern. K. W. Beinhauer stellte drei Gräber mit konischen Helmen aus Novilara in seine Stufe II b und eines in die nachfolgende Stufe III a 32. Die Stufe II b datiert er absolut ins ausgehende 8. und beginnende 7. Jahrhundert v. Chr. C. F. E. Pare folgte im Wesentlichen dem von K. W. Beinhauer erarbeiteten Zeitschema, rückte aber den absoluten Ansatz ein wenig nach oben und nahm 730/720 als Wende von II b und III an 33. Die Stufe III a wird allgemein mit dem älteren Orientalisierenden Horizont gleichgesetzt und entspricht dem ausgehenden 8. und dem beginnenden 7. Jahrhundert v. Chr. Der Helm aus der »Tomba del Trono« von Verucchio (Taf. 6, 1) passt auch zu diesem Zeitansatz 34, denn dieses Grab dürfte an der Wende vom 27 28 29 30 31 G. Colonna, Apporti Etruschi all’Orientalizzante »Piceno«: Il Caso della Statuaria. In: La Civiltà Picena nelle Marche. Festschr. G. Annibaldi (Ripatransone 1992) 93 Abb. 3, a-c Taf. I. Müller-Karpe, Vollgriffschwerter 65ff. Taf. 101. Hencken, Helmets 163 Abb. 10-12. In dieser Einschätzung folgten ihm mehrere Gelehrte (Egg, Helme 219. – Teržan, Halbmondfibeln 60). Der griechische Historiker Herodot wies die Erfindung des Rosshaarkammes den Karern in Kleinasien zu (Herodot I 171). – Vgl. dazu A. M. Snodgrass, Carian Armourers – the Growth of a Tradition. Journal Hellenic Stud. 84, 1964, 107ff. – Hencken, Helmets 28. – M. Egg, Italische Helme – Studien zu den ältereisenzeitlichen Helmen 104 Italiens und der Alpen. Monogr. RGZM 11 (Mainz 1986) 6 Anm. 63. – Egg, Helme 219. 32 Beinhauer, Novilara 265ff. 382. 388 Abb. 42 Typentaf. A. C. 33 Pare, Beiträge 322ff. Tab. 2. 34 P. von Eles Masi schlug eine Datierung zwischen dem ausgehenden 8. und dem beginnenden 7. Jahrhundert v. Chr. vor (von Eles, Guerriero 273ff.), während G. V. Gentili einen etwas tieferen Zeitansatz in die erste Hälfte des 7. Jahrhunderts v. Chr. vorschlug (Gentili, Verucchio 296). Einige früh zu datierende Elemente wie der Kammhelm, der Villanova-Schild und das bronzene Lappenbeil scheinen für den Vorschlag von P. von Eles und damit für eine Einordnung ins späte 8. Jahrhundert v. Chr. zu sprechen. 8. zum 7. Jahrhundert v. Chr. angelegt worden sein. Eine vielleicht noch frühere Stellung nimmt der Helm aus der Fliegenhöhle ein: Die Masse der Funde aus dieser Kulthöhle entstammt noch der Urnenfelderzeit 35, und nur einige wenige Fundstücke wie ein Schüsselhelm und eine Mehrkopfnadel ohne Faltenwehr 36 zeigen an, dass die Kulthöhle auch noch am Beginn der Hallstattzeit, d.h. im 8. Jahrhundert v. Chr., benutzt wurde. Der konische Helm dürfte dabei eines der jüngsten Fundstücke darstellen. Die Datierung der konischen Helme mit Rosshaarkamm liefert damit einen weiteren Anhaltspunkt für die Bestimmung der Zeitstellung des Hartnermichelkogels 1. War man anfangs der Meinung, dass der Hartnermichelkogel wegen des bronzenen Antennenschwerts vom Typ Tarquinia-Steyr 37 und dem bronzenen Lappenbeil vom Typ Hallstatt 38, Variante Klein-Klein noch der Urnenfelderzeit zuzurechnen sei, so haben sich in jüngerer Zeit die Hinweise verdichtet, dass dieses älteste Grab der Separatnekropole von Kleinklein erst in der frühen Hallstattzeit errichtet worden ist 39. C. Dobiat stellte dieses Grab in seine Stufe I 40, wobei sich jedoch alsbald herausstellte, dass diese Stufe in zwei Abschnitte untergliedert werden muss 41, und der Hartnermichelkogel 1 in den jüngeren Abschnitt I B 42 gehört. C. F. E. Pare setzte in seiner Chronologiestudie die Phase Kleinklein I B mit der Stufe Ha C 1 b gleich, die um 730/720 einsetzt. Eine Datierung des Hartnermichelkogels 1 in die letzten Jahrzehnte des 8. Jahrhunderts v. Chr. ließe sich ohne Probleme mit den italischen Gräbern mit konischen Helmen mit Rosshaarkamm korrelieren. Wenn man bedenkt, dass die Antennenschwerter vom Typ Tarquinia mit allen seinen Varianten in Italien noch während des gesamten 8. Jahrhunderts v. Chr. gebräuchlich waren 43, lässt sich eine solche Datierung durchaus mit dem Antennenschwert vom Typ Tarquinia-Steyr aus Kleinklein in Übereinstimmung bringen. Das Gleiche gilt auch für das Lappenbeil vom Typ Hallstatt-Kleinklein 44. Bei der Nachsuche im Grazer Museum kam auch das auf Taf. I abgebildete längliche Bruchstück mit umgebördeltem Rand (Abb. 4, 5) zum Vorschein (Abb. 6, 3; Taf. 5, 3): Es ist 7,6cm lang und hat eine Materialstärke von 0,7mm. Der Rand wurde um einen Bronzedraht nach außen umgebördelt. Die Wölbung des Bruchstückes weist auf ein recht großes Objekt hin. Auf der rechten Seite wurden im rechten Winkel zum Rand zwei Löcher eingeschlagen. In etwa 1,1cm Abstand folgt dem Rand eine parallel herausgetriebene Rippe. Sie biegt im rechten Winkel parallel zum Löcherpaar ab. Bei genauerer Betrachtung scheint auch der umgebördelte Rand im rechten Winkel zum vorhandenen Rand abgebogen zu sein, so dass ein Eckstück vorliegt. Auf der Rückseite findet sich eine eingeritzte Linie, die als Vorzeichnung für die winkelig abbiegende Rippe diente. Auf den ersten Blick glaubt man, einen umgebördelten Rand eines Bronzegefäßes vor sich zu haben, aber die Eckform und die Rippe widersprechen einer solchen Deutung. Ein eingehender Vergleich ergab, dass 35 36 37 38 39 Das zeigt eine Durchsicht des Fundmaterials bei Szombathy, St. Kanzian 134ff. 165f. Szombathy, St. Kanzian Abb. 96-99; 145. So z.B. Müller-Karpe, Schwertgrab 28. – Müller-Karpe, Vollgriffschwerter 64f. – Krämer, Vollgriffschwerter 38f. Schmid, Klein Glein 222 Abb. 6. – Mayer, Beile 171 Taf. 62, 836. – Dobiat, Kleinklein Taf. A1, 14. Bronzeschwerter wurden im Südostalpenraum noch einige Zeit als so genannte Traditionsschwerter in reichen Kriegergräbern beigegeben, obwohl das Schwert durch Lappen- und Tüllenbeile als Nahkampfwaffe abgelöst worden war. Mit der Mitgabe eines Bronzeschwertes knüpft man offenbar bewusst bis in die Stufe Ha D 1 hinein an die im 9. und 8. Jahrhundert v. Chr. im Südostalpengebiet auftauchende Sitte der Schwertbeigabe an. Zur Problematik der Traditionsschwerter im Osthallstattkreis vgl. Dobiat, Kröll-Schmiedkogel 46ff. Abb. 6. – Egg, Radkersburg 200ff. Abb. 3-4. – Tomedi, Fabel 167ff. – Eine kritische Stellungnahme zu den Traditionsschwertern findet sich bei W. Torbrügge, Die frühe Hallstattzeit (Ha C) in chronologischen Ansichten und notwendigen 40 41 42 43 44 Randbemerkungen. Teil II: Der sogenannte östliche Hallstattkreis. Jahrb. RGZM 39, 1992, 588ff., die jedoch seit der Auffindung eines bronzenen Griffzungenschwertes vom Typ Gündlingen im Ha D 1-zeitlichen Kröllkogel bei Kleinklein erheblich an Überzeugungskraft verloren hat. Dobiat, Kleinklein 168. Teržan, Styria 140. – R. Smolik, Die Lebenden und die Toten – Das Verhältnis der Siedlung auf dem Burgstallkogel bei Kleinklein zu den Gräbern der Sulmtalnekropole dargestellt anhand der Keramikentwicklung. In: E. Jerem u. A. Lippert, Die Osthallstattkultur. Akten Internat. Symposium Sopron 1994. Archaeolingua 7 (Budapest 1996) 451ff. – Pare, Beiträge 348ff. Abb. 27-28 Tab. 4. Pare, Beiträge 351 Abb. 27, 11-20. V. Bianco Peroni, Die Schwerter in Italien. PBF IV, 1 (München 1970) 114. 116. 118. E. F. Mayer vertrat eine Datierung in die ausgehende Urnenfelder- und die frühe Hallstattzeit, wobei der Schwerpunkt in der Hallstattzeit liegen dürfte (Mayer, Beile 175f.), was G. Tomedi bestätigte (Tomedi, Frög 116ff.). 105 Abb. 10 Kleinklein, Hartnermichelkogel 2. – 1 Fragment von der Rückenschale eines Bronzepanzers. – 2 Rekonstruktion des Panzers. – 1 M = 1:2; 2 M = 1:4. 106 Abb. 11 Kleinklein, Hartnermichelkogel 1. – Rekonstruktion des Panzers. – M = 1:4. es sich hier höchstwahrscheinlich um ein Fragment eines zweischaligen südostalpinen Bronzepanzers handelt 45 (Abb. 12; Taf. 7), wie sie auch aus den anderen vier Fürstengräbern von Kleinklein vorliegen. Alle Panzer besitzen einen umgebördelten Rand, der eine Verletzung des Trägers durch scharfe Blechkanten verhinderte. Die Brust wie die Rückenschalen weisen an der Hüfte, unter der Achsel und an der Schulter auch die typisch eckige Form auf, die auch das kleine Fragment vom Hartnermichelkogel 1 kennzeichnet. Bei allen südostalpinen Panzern folgt in ca. 1-2cm Abstand vom Rand eine herausgetriebene Rippe dem Umriss der Panzerschalen. Versucht man, das Fragment in einen der besser erhaltenen Panzer aus dem Pommer- und Kröllkogel einzufügen, so zeigt sich, dass das Bronzebruchstück mit größter Wahrscheinlichkeit von der Ecke unter der linken Achsel der Brustschale stammen muss (Abb. 11). Nur so lassen sich der Winkel und die Wölbung des Fragmentes in einen Panzer perfekt einpassen. Eine fast perfekte Übereinstimmung ergibt ein Vergleich mit dem Panzer aus dem Hartnermichelkogel 2 (Abb. 10; Taf. 6, 1) 46; dieses bislang unveröffentlichte Stück wurde 1853 oder 1854 bei der Anlage eines 45 von Merhart, Panzer-Studie 151ff. Abb. 3. – Weiss, Brustpanzer 168ff. – Born/Hansen, Helme 252ff. Abb. 204206; 211-129. – Hansen, Panzerung 7ff. 46 Pratobevera, Saggauthal 188f. – Schmid, Klein Glein 223f. – Kramer, Geschichte 163. 107 Kellers im Grabhügel entdeckt und soll anschließend von einem »geistesschwachen Arbeiter« zerhackt worden sein 47. Im Joanneum in Graz wird heute ein größeres Bruchstück des Panzers mit einer Höhe von 16cm und einer Materialstärke von 0,6mm verwahrt. Es stammt von der rechten Schulter der Rückenschale, was an dem aufsteigenden Nackenschutz und einem Teil des Schulterblattes gut zu erkennen ist. Auf der Rückseite ist auch auf diesem Panzer eine Vorzeichnung erkennbar: Beide Schutzwaffen (Abb. 6, 3; 10) entsprechen sich sowohl in den Größenverhältnissen als auch im exakt gleichen Abstand zwischen Rand und Rippe. In der Ecke des Schulterstückes aus dem Hartnermichelkogel 2 findet sich ebenso wie auf dem kleinen Bruchstück aus dem Hartnermichelkogel 1 ein Löcherpaar, dessen Zweck unbestimmt bleibt, denn als Verschlüsse für den Panzer aus dem Hartnermichelkogel 2 dienten wie bei den anderen Panzern aus Kleinklein paarweise angeordnete Blechröllchen (Abb. 10; 12) 48. Vergleicht man die Panzerbruchstücke aus den beiden Hartnermichelkogeln mit den vollständig erhaltenen Exemplaren, so weist das Exemplar aus dem Panzergrab von Novo mesto eine besonders große Ähnlichkeit auf (Abb. 12). Es entspricht nicht nur in seinen Abmessungen sehr genau den Fragmenten aus Kleinklein, sondern besitzt auch die Bronzeröhren. Der Panzer aus Novo mesto unterscheidet sich durch seinen schlichten Zuschnitt mit dem wenig glockenförmig ausschwingenden unteren Rand von den anderen südostalpinen Glockenpanzern. Außerdem blieb die Zone um die Rippen und zwischen Rand und Rippe beim Panzer von Novo mesto ebenso wie bei den Fragmenten aus den beiden Hartnermichelkogeln unverziert (Abb. 6, 3; 10), während bei allen anderen Exemplaren 49 in der Regel Punktreihen den Rippen folgen und mehrfach auch eine Dreieckszier zwischen den Rippen angebracht wurde (Taf. 7). Es sprechen somit gute Argumente dafür, dass die Panzer aus den Hartnermichelkogeln einst ähnlich wie das Stück aus Novo mesto (Abb. 12) ausgesehen haben. Diese große Ähnlichkeit lässt auch den Verdacht aufkommen, dass diese drei Schutzwaffen wohl in der gleichen Werkstätte entstanden sind, und es sprechen einige Argumente dafür, dass die schmucklosen Panzer eine ältere Variante der südostalpinen Glockenpanzer darstellen. Keinem Geringeren als Gero von Merhart verdanken wir die Zusammenstellung und Definition der südostalpinen Glockenpanzer 50. Die schematische Angabe der Brustmuskulatur und der Schulterblätter, gelegentlich auch der Bauchmuskulatur, die umgebördelten Ränder, die Rippenzier, die aufgenieteten Brustwarzen, der hohe Nackenschutz und die Löcherreihen auf der rechten Seite kennzeichnen die Vertreter der südostalpinen Glockenpanzer. Neuere Studien bestätigen im Wesentlichen die Ergebnisse G. von Merharts 51. Für das Verbreitungsbild 52 (Abb. 13) der südostalpinen Panzer bringt das neue Bruchstück aus dem Hartnermichelkogel 1 kaum neue Erkenntnisse – nur, dass aus Kleinklein und der benachbarten Sulmtalnekropole nun insgesamt fünf Panzer vorliegen und sich hier das Vorkommen konzentriert. Außerdem erscheinen südostalpine Panzer noch in Unterkrain und in Ungarn 53. Die Bruchkanten, die vom Nackenschutz nach unten und übers Schulterblatt ziehen, sind, da unpatiniert, neueren Datums. Nur die schmale Kante, die die beiden verbindet, scheint alt zu sein. Die Bruchkante, die vom Nackenschutz nach unten führt, verläuft vollkommen gerade und besitzt auf der Innenseite einen leichten Grat, wie er beim Einsatz einer Blechschere entsteht. Wie die Verwendung eines solche Gerätes mit dem »Zerhacken« in Einklang zu bringen ist, oder ob sich darin eine spätere »Überarbeitung« widerspiegelt, bleibt dahingestellt. 48 Diese Art der Befestigung findet sich auf allen Panzern aus den Fürstengräbern von Kleinklein (von Merhart, Panzerstudie Abb. 3, 1-2) sowie auf den Exemplaren aus dem Panzergrab von Novo mesto (Gabrovec, Panzergrab 59 Abb. 6) und Stična-Vrhpolje (Gabrovec, Slowenien Abb. 4). Die Panzerschalen aus Stična, Grab 30, Hügel IV und aus Ungarn wurden mit aufgenieteten Bügeln bzw. T-förmigen Ösen miteinander verbunden (Weiss, Brustpanzer 47 108 49 50 51 52 53 169ff. Abb. 1-5; 8. – Born/Hansen, Helme 259 Abb. 204; 216-219). Diese Zier erscheint auf den Panzern aus dem Pommerund dem Kröllkogel (Schmid, Klein Glein 226f. Abb. 7; 255 Abb. 33; 276. – von Merhart, Panzerstudie 151ff. Abb. 3, 1-2), auf dem bruchstückhaften Exemplar aus dem Tschoneggerfranzltumulus 2 von Goldes (Schmid, Klein Glein 276) und auf dem Panzer aus Stična-Vrhpolje (Gabrovec, Slowenien Abb. 4). Auf den Panzern mit den angenieteten Ösen erscheinen nur die Punktreihen, während die Dreiecke fehlen (Born/Hansen, Helme Abb. 211. – Weiss, Brustpanzer Abb. 1-4). von Merhart, Panzer-Studie 151ff. Abb. 3. Weiss, Brustpanzer 168ff. – Born/Hansen, Helme 252ff. Abb. 204-206; 211-129. – Hansen, Panzerung 7 ff. von Merhart, Panzer-Studie Abb. 4. – Egg, Fürstengräber Abb. 10. Born/Hansen, Helme 257. Abb. 12 Novo mesto, Kandija, Panzergrab. – Der Bronzepanzer. – (Nach S. Gabrovec). – M = 1:6. Schon W. Schmid 54 ging davon aus, dass die südostalpinen Panzer sich wohl von griechischen Vorbildern ableiten, die in ähnlicher Weise schematisch die Brust- und Bauchmuskulatur sowie die Schulterblätter wiedergeben. Auch G. von Merhart betonte die starke Abhängigkeit von den griechischen Glocken54 Schmid, Klein Glein 276ff. 109 Abb. 13 Verbreitung der Glockenpanzer. panzern und konstatierte, dass es sich bei den südostalpinen Panzern nach klassisch archäologischer Terminologie um »Glockenpanzer mit horizontalem Unterrand« handelt 55. Das Panzerfragment aus dem Hartnermichelkogel 1 demonstriert, dass die Glockenpanzer in Griechenland, deren frühester Beleg aus dem berühmten Kriegergrab von Argos stammt 56, in etwa zeitgleich mit denen aus der Steiermark auftauchen. Offen bleibt, inwieweit auch urnenfelderzeitliche Vorformen eine Rolle spielten; zumindest weisen die Bruststerne auf den Panzern aus Ungarn und aus Stična 57 in diese Richtung. 55 von Merhart, Panzer-Studie 151. – Wegen der Rippenzier kommen der Panzer aus Argos (Courbin, Argos 340ff.) sowie die Glockenpanzer der sogenannten OlympiaGruppe (Snodgrass, Armour 75. – Hoffmann, Armoreres 50ff.) als Vorbilder für die südostalpinen Panzer in Frage. 110 Courbin, Argos 340ff. – Snodgrass, Armour 73ff. – Hansen, Panzerung 18ff. 57 Weiss, Brustpanzer 174 Anm. 10 Abb. 6. – Born/Hansen, Helme 258f. Abb. 213-214. 56 Unklar ist, ob die Vorstellung vom Glockenpanzer über die Balkan-Halbinsel oder aber über Italien in die Südostalpenregion gelangte. Eine dichte Spur findet sich weder im illyrischen noch im italisch-etruskischen Raum (Abb. 13). Glockenpanzer griechischer Prägung finden sich in Griechenland, vereinzelt in Sizilien 58 und deutlich später auch im thrakischen Bereich 59. Obwohl Originalfunde von Glockenpanzern in Etrurien fehlen, begegnen sie auf etruskischen Darstellungen mehrfach 60. Auch eine Weitergabe dieser Schutzwaffen über die Adria ist nicht auszuschließen, auch wenn weder aus Dalmatien noch aus dem Picenum zweischalige Glockenpanzer bekannt geworden sind. Wie dem auch sei, im späten 8. Jahrhundert v. Chr. wurden im Südostalpenraum zweischalige Bronzepanzer sehr wahrscheinlich nach griechischem Vorbild in lokalen Werkstätten hergestellt; sie werden zum wichtigsten militärischen Statussymbol der herrschenden Elite auf dem Burgstallkogel. Sehr viel gravierender als bei den Erwägungen zur Verbreitung und Herkunft wirkt sich jedoch das neu entdeckte Panzerbruchstück aus dem Hartnermichelkogel 1 auf die Datierung der südostalpinen Panzer aus. G. von Merhart schlug eine Datierung in die zweite Hälfte des 7. und ins 6. Jahrhundert v. Chr. vor 61, was allgemein akzeptiert wurde 62. Um die Gruppe der Panzergräber formte S. Gabrovec mit guten Argumenten eine eigene Zeitstufe, die er als Stična-Novo mesto-Horizont bezeichnete 63. Er setzte ihn mit der ausgehenden Periode Ha C und der beginnenden Stufe Ha D 1gleich. Die Panzer stellten dabei ein Paradebeispiel für den steigenden mediterranen Einfluss dar, der sich in dieser Zeitstufe auch in der Entstehung der Situlenkunst manifestierte. Der »neue« Panzer aus dem Hartnermichelkogel 1, der – wie bei der Analyse des Helmes dargestellt – in die zweite Hälfte des 8. Jahrhunderts v. Chr. zu stellen sein dürfte, widerspricht der Vorstellung von einem kurzlebigen »Panzerhorizont« um 600 v. Chr. Wie schon am Beispiel des Helmes mit Rosshaarkamm dargelegt, setzten die Kontakte zur Mittelmeerregion in Kleinklein schon erheblich früher, im späten 8. Jahrhundert v. Chr., ein. Die Fragmente von Helm und Panzer aus dem Hartnermichelkogel 1 bereichern dessen Grabausstattung um ein wichtiges Element, nämlich die Schutzwaffen. Bislang beschränkte sich die Bewaffnung auf das in urnenfelderzeitlicher Tradition stehende Antennenschwert vom Typ Tarquinia-Steyr 64, das im 8. Jahrhundert v. Chr. durchaus noch eine zeitgemäße Waffe darstellte, und auf das bronzene Lappenbeil 65. Die Beigabe von Helmen in Gräbern tritt im Südostalpenraum erst im 8. Jahrhundert v. Chr. auf und geht auf italische Vorbilder zurück 66. Das Helmfragment reiht den Hartnermichelkogel 1 unter die Gräber mit Helmbeigabe ein, die im Südostalpenraum stets die reichsten Kriegergräber bilden, denn im Südostalpenraum wurde die Kriegerrolle im elitären Grabbrauch extrem stark betont. Hinzu kommt noch der Bronzepanzer, der noch seltener in Gräbern auftaucht und ein besonderes Abzeichen der führenden Elite darstellte. Nahe liegend wäre noch die Beigabe von möglicherweise eisernen Lanzenspitzen und eines Schildes aus organischem Material im Hartnermichelkogel 1, von denen aber nichts Snodgrass, Armour 72ff. – Hoffmann, Armoreres. – M. Egg, Ein eisenzeitlicher Weihefund aus Sizilien. Jahrb. RGZM 30, 1983 204f. Abb. 4,1; 7. – Egg, Fürstengräber 69 Abb. 10. 59 L. Ogenova, Les Cuirasses de Bronze trouvées en Thrace. Bull. Corr. Hellénique 85 1961 501ff. – Hansen, Panzerung 20ff. 60 So auf etruskischen Kriegerstatuetten aus Satricum (N. Boncasa, Bronzetti da Satricum. Stud. Etr. 25, 1957 557ff. Abb. 14-15), aus Brolio im Chianatal (A. Romualdi, Catalogo del Deposito di Brolio in Val di Chiana. Cataloghi di Musei e Gallerie d’Italia [Rom 1981] 11f. u. 29 Abb. 18. – M. Cristofani, I Bronzi degli Etruschi [Novara 1985] 249 Nr. 2. 7) und aus Ravenna (L.-J. Janssen, Monumenten van het Museum van Oudheden te Leyden [Leyden 1848] 58 61 62 63 64 65 66 259f. Nr. 39. – E. Richardson, Etruscan Votive Bronzes, Geometric, Orientalizing, Archaic [Mainz 1983] 170 Nr. 1. – Cristofani, Bronzi 278f. Nr. 85-86). von Merhart, Panzer-Studie 165. Gabrovec, Slowenien 26f. – Weiss, Brustpanzer 184. – Hansen, Panzerung 12f. Gabrovec, Slowenien 26f. Pratobevera, Saggauthal 187f. Taf. 1, 5. – Schmid, Klein Glein 222 Abb. 5. – Dobiat, Kleinklein Taf. A1, 1. – Krämer, Vollgriffschwerter 38 Taf. 19, 115. Schmid, Klein Glein 222 Abb. 6. – Mayer, Beile 171 Taf. 62, 836. – Dobiat, Kleinklein Taf. A1, 14. Vgl. dazu Egg, Italische Helme (Anm. 31) 29ff. Abb. 9. – Born/Nebelsick, Prunkhelm 47ff. – Egg, Fürstengräber 67 Abb. 8. 111 Abb. 14 Kleinklein, Kröllkogel: Bronzesitula vom Typ Kurd. – M = 1:4. – (Zeichnung M. Ober). erhalten blieb. Von den figuralen Darstellungen auf den Bronzegefäßen aus dem benachbarten Pommerund dem Kröllkogel bei Kleinklein 67 wissen wir, dass sich die Krieger vom Burgstallkogel mit großen Ovalschilden schützten. Diese Zusammenstellung der Waffenbeigaben im Hartnermichelkogel 1 (Abb. 19) begegnet mit leichten Abweichungen auch in den jüngeren Fürstengräbern von Kleinklein 68. Nur der Hartnermichelkogel 2, der an- und nicht ausgegraben wurde, entzieht sich weitgehend einer gemeinsamen Betrachtung; sehr wahrscheinlich befindet sich der größte Teil der Funde noch in diesem Grabhügel: Alle vier Fürstengräber beinhalteten einen Panzer, obwohl es sich dabei um eine sehr seltene und wertvolle Beigabe handelt. Helme erscheinen bislang nur im Hartnermichelkogel 1 und im Kröllkogel. Demgegenüber fanden sich im Hartnermichelkogel 1, im Pommer- und im Kröllkogel Schwerter, obwohl diese Waffe zur Zeit der Anlage der beiden zuletzt genannten längst außer Gebrauch gekommen war 69. Beile und Lanzenspitzen erscheinen in den meisten Tumuli. Diese Zusammenstellung zeigt, dass in Kleinklein mit der Bestattung im Hartnermichelkogel 1 eine fürstliche Waffenausstattung festgelegt wurde, die über vier Generationen strikt beibehalten wurde. Anhand der Zeichnungen F. Pichlers lassen sich noch zwei kleine Bronzeblechfragmente mit Nietleisten (Abb. 6, 4-5; Taf. 5, 4-5) als Bestandteile der Grabausstattung des Hartnermichelkogels 1 identifizieren: 67 68 Schmid, Klein Glein Abb. 10, b-c Taf. I, a, mittlere Zone. Zur Ausstattung der Fürstengräber von Kleinklein vgl. Schmid, Klein Glein 221ff. – Dobiat, Kleinklein 371f. Taf. A, 1-9. – Dobiat, Kröll-Schmiedkogel 52ff. 112 69 Zu diesen als Traditionsschwerter bezeichneten Waffen siehe Dobiat, Kröll-Schmiedkogel 46ff. Abb. 6. – Egg, Radkersburg 200ff. Abb. 3-4. – Tomedi, Fabel 167ff. Je zwei Nieten verbinden die an den Nietleisten überlappenden Blechstücke. Ein Vergleich mit anderen Bronzegefäßen aus Kleinklein zeigt, dass die gerade verlaufenden Nietleisten und die mäßig gewölbten Bruchstücke von einer Bronzesitula stammen dürften (Abb. 14). Die recht breiten Nietleisten und die kräftigen Nietstifte deuten an, dass es sich dabei um eine recht stattliche Situla gehandelt haben dürfte. Da von der Henkelkonstruktion keinerlei Reste vorliegen, kann auch die Situla nicht näher bestimmt werden. Außerdem konnten mit Hilfe der Zeichnungen F. Pichlers (Abb. 4, 4; 5, 13. 16-17) zwei Randbruchstücke von einem Bronzeblechgegenstand mit eingehängten Klapperblechpaaren 70 identifiziert werden. Der Rand der nur wenig gewölbten Fragmente (Abb. 6, 6-8; Taf. 5, 6-8) weist daraufhin, dass dieses Objekt eine kreisrunde Form mit einem Durchmesser von ca. 15cm besaß. Der Rand wurde um einen sehr dünnen Bronzedraht gebördelt. Hinter dem Rand wurden Löcher eingeschlagen, in die kurze Bronzekettchen eingehängt wurden. An den Enden der Ketten wurde ein Paar kleiner, dreieckiger Klapperbleche befestigt. Eine zarte Buckelreihe folgt dem Umriss der Klapperbleche, und ein größerer Buckel wölbt sich aus der Mitte hervor. Ca. 5mm hinter dem Rand des Gefäßes wurde eine Reihe von kleinen Buckeln herausgetrieben. Der zarte Rand, die flache und kreisförmige Gestalt sowie die Klapperbleche erinnern sofort an die Bronzedeckel, wie sie aus dem Pommer- und dem Kröllkogel von Kleinklein vorliegen 71 (Abb. 15, 1). Fast alle Details wie die Form, der um einen dünnen Draht gebördelte Rand und die Klapperbleche finden hier fast perfekte Entsprechungen. Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass sie von Bronzeschüsseln, wie sie aus dem Galgenkogel bei Wildon in der Steiermark vorliegen (Abb. 15, 2), stammen 72. Die Wildoner Schüsseln, die auch mit Klapperblechen am Rand geziert wurden, werden zwar zumeist auch als Deckel angesprochen, aber sie besitzen eine gut ausgeprägte Standfläche und dürften ursprünglich als Schüsseln benutzt worden sein. Erst sekundär scheinen sie als Deckel für Tonurnen benutzt worden zu sein 73. In diesen Zusammenhang passt auch die Bemerkung von F. Pichler, der auf Seite 2 von einem »Hohlteller« spricht – sehr wahrscheinlich handelte es sich dabei um eine Schüssel oder aber einen Deckel aus Bronze. Die Bildwerke der Situlenkunst wie auch die Ziste XIII aus dem Kröllkogel bei Kleinklein 74 führen uns den Verwendungszweck des einst sicher sehr wertvollen und prestigeträchtigen Metallgeschirrs vor Augen 75: Auf den meist um das Thema Fest kreisenden Bildwerken gelangten viele der Metallgefäße direkt zur Abbildung. Sie wurden demzufolge im Rahmen großer Feste verwendet. Das Abhalten sportlicher und musischer Wettkämpfe, wie wir sie von Kult- bzw. Bestattungsfeiern in Italien und Griechenland kennen, weist auf den religiösen Hintergrund dieser Feste hin 76. Wie die Mitgabe der einst sicher wertvollen Metallgefäße in den Gräbern andeutet, zählte das Ausrichten solcher religiös motivierter Feste zu den wichtigsten Aufgaben der herrschenden hallstattzeitlichen Elite, und sie spielte daher auch im religiösen Bereich eine führende Rolle. Dobiat, Kleinklein Taf. A 1, 2-3. 5-6. Schmid, Klein Glein 241ff. Abb. 21-23. 250ff. Abb. 29-30. 269ff. Abb. 46. – Dobiat, Kleinklein Taf. A 4, 1. 3-6; Taf. A 8; A 9, 1. 4. – Prüssing, Bronzegefäße 88 ff. Taf. 123-133. 72 Prüssing, Bronzegefäße 90 Taf. 134. 73 Das gleiche Phänomen lässt sich auch bei mehreren »Bronzedeckeln« aus den Nekropolen von Este in Venetien beobachten: Auch hier wurden mehrfach Bronzeschalen mit Standfläche als Deckel für Situlen verwendet (Peroni u.a., Studi sulla Cronologia delle Civiltà di Este e Golasecca [Florenz 1975] 67f. Abb. 12, 3-5). 74 Schmid, Klein Glein Taf. I, c. – L. Nebelsick, Figürliche 70 71 Kunst der Hallstattzeit im Spannungsfeld zwischen alteuropäischer Tradition und italischem Lebensstil. In: Universitätsforsch. Prähist. Arch. Festschr. 50jähriges Bestehen Inst. Ur- u. Frühgesch. Leopold-Franzens-Univ. Innsbruck (Innsbruck 1992) 417. 75 Vgl. dazu G. Kossack, Trinkgeschirr als Kultgerät der Hallstattzeit. In: Varia Arch. Festschr. W. Unverzagt. Dt. Akad. Wiss. Berlin Schr. Sektion Vor- u. Frühgesch. 16 (Berlin 1964) 96ff. 76 Vgl. dazu A. Eibner, Darstellungsinhalte in der Kunst der Hallstattkultur. In: Die Hallstattkultur. Symposion Steyr (Steyr 1980) 261ff. 113 Abb. 15 1 Kleinklein, Kröllkogel: Bronzedeckel. – 2 Wildon, Galgenkogel: Bronzeschüssel. – M=1:3. – (Nach M. Prüssing). Abb. 16 Kleinklein, Hartnermichelkogel 1, Grabung von 1861: Pferdetrense aus Bronze mit Beschlägen der Trensenknebel. – (Nach T. Kemenczei). – M = 1:3. Darüber hinaus erlauben die Zeichnungen F. Pichlers noch eine weiter gehende Rekonstruktion der Grabausstattung des Hartnermichelkogels 1: B. Teržan 77, C. F. E. Pare 78 und T. Kemenczei 79 zeigten auf, dass im Hartnermichelkogel 1 auch Pferdegeschirr hinterlegt worden war. Die gerippte Hülse mit dem Ring sowie ein gleich großer Ring (Abb. 5, 10. 14), die F. Pichler zeichnete 80, waren sehr wahrscheinlich Bestandteile eines reich verzierten bronzenen Pferdegeschirres, das heute im Nemzeti Múzeum in Budapest verwahrt wird 81 (Abb. 16). S. Verger und T. Kemenczei verdanken wir Rekonstruktionen dieser Trense, die einen guten Eindruck vom ursprünglichen Aussehen dieses Pferdegeschirres mit seinen reich mit durchbrochenen Bronzebeschlägen geschmückten Knebeln vermitteln 82 (Abb. 17). E. Chantre, der diese Bronzetrense 1886 als Erster veröffentlichte, gab als Fundort »Klein-Glein« und als Aufbewahrungsort Graz an 83, heute befindet sich die Trense jedoch im Budapester Museum. Wie eine Nachsuche im Inventar des Steiermärkischen Landesmuseums in Graz ergab, befand sich die Trense tatsächlich einst im Besitz dieses Museums 84. Sie wurde aus unbekannten Gründen um 1930 gegen Münzen nach Budapest vertauscht. In Budapest lief die Trense dann plötzlich unter dem Fundort Magyország, also Ungarn 85. Bei genauer Lektüre des Textes von F. Pichler wird klar, dass auf den heute fehlenden Tafeln III und IV mit größter Wahrscheinlichkeit diese heute in Budapest verwahrten Trensenteile abgebildet waren. F. Pichler berichtet im Text auf Seite 2, dass der Ring mit der Hülse und der einzelne zugehörige 77 78 79 80 81 B. Teržan, Handel und soziale Oberschichten im früheisenzeitlichen Südosteuropa. In: Handel, Tausch und Verkehr im bronze- und früheisenzeitlichen Südosteuropa. Südosteuropa-Schr. 17. Prähist. Arch. Südosteuropa 11 (München, Berlin 1995) 94 Anm. 93. Pare, Beiträge 349 Abb. 27, 12. Kemenczei, Kleinklein. Dobiat, Kleinklein Taf. A 1, 11. Chantre, Caucase 88 Abb. 89. – Gallus/Horváth, Peuple 105 Taf. 50, 1. – Kemenczei, Kleinklein. – Für die groß- 82 83 84 85 zügig gewährte Hilfe bei den Recherchen sei Herrn T. Kemenczci herzlichst Dank gesagt. Verger, Tombe 657f. Anm. 47 Abb. 7, 1. – Kemenczei, Kleinklein Abb. 3, 4. Chantre, Caucase 89 Abb. 89. Die Trensenteile wurden unter Inv.-Nr. 6093 im Joanneum geführt. Im Inventar wurden Teile der Trense zeichnerisch wiedergegeben, so dass eine sichere Zuordnung möglich ist. Gallus/Horváth, Peuple 105. – Sie erklärten die Fundortangabe Kleinklein, ohne Argumente zu nennen, für irrig. 115 Abb. 17 Kleinklein, Hartnermichelkogel 1, Grabung von 1861: Rekonstruktionen der Pferdetrense aus Bronze. – (1 Nach S. Verger. – 2 Nach T. Kemenczei). – M = 1:4. Ring, den er auf Taf. II (Abb. 5, 10. 14) abbildete, »sich auf Tafel III wiederholen und sich hier in ihrer Anwendung darstellen«, d.h., dass hier der Zusammenhang von gerippter Hülse und den Ringen mit der Trense ersichtlich war. Hier bedauert man das Fehlen der Tafeln III und IV, denn sie könnten den allerletzten Beweis liefern. Die oben angeführten Gründe legen aber bereits den mehr als berechtigten Verdacht nahe, dass die prunkvolle Bronzetrense in Budapest (Abb. 17) eigentlich aus dem Hartnermichelkogel 1 stammt 86. Bei S. Horváth und T. Gallus findet sich zwar noch die Bemerkung, dass Beschläge für zwei Trensen vorhanden wären 87, aber T. Kemenczei kam in seiner Studie zum Schluss, dass alle Teile zu einer Trense gehörten 88. Man darf sich damit den Krieger aus dem Hartnermichelkogel 1 zumindest beritten vorstellen. Die Bronzetrensen mit den durchbrochenen Knebelbeschlägen stellen Unikate in der Hallstattzeit dar, die nicht näher eingeordnet werden können. Nur die Tatsache, dass die Trensen noch aus Bronze gegossen wurden, spricht für eine Datierung in einen frühen Horizont der Hallstattzeit, weil die bronzenen Exemplare im 7. Jahrhundert v. Chr. von Trensen aus Eisen abgelöst wurden 89. Im Zusammenhang mit der Pferdetrense stellt sich noch die Frage, ob dem Fürsten aus dem Hartnermichelkogel 1 nicht auch ein oder mehrere Pferde ins Grab folgen mussten, denn bei der Nachgrabung im Kröllkogel kamen die verbrannten Knochen mehrerer Pferde zum Vorschein 90. In der modern ergrabenen Es besteht natürlich auch die sehr theoretische Möglichkeit, dass die Hülse aus Kleinklein von einer Trense des gleichen Typs stammt, aber nicht zu der Trense im Budapester Museum gehört. 87 Gallus/Horváth, Peuple 105. 88 Kemenczei, Kleinklein. 86 116 Vgl. dazu C. F. E. Pare, Swords, Wagon-Graves and the Beginning of the early Iron Age in Central Europe. Kl. Schr. Vorgesch. Seminar Marburg 37 (Marburg 1991) 9. 90 Diese Information verdanke ich C. Grill in Graz, der die Untersuchung der Tierknochen aus dem Kröllkogel übernommen hat (Egg/Kramer, Krieger 10). 89 Abb. 18 Most na Soči (Sta. Lucia), Grab 1007: Geperlter Bronzehalsring. – (Nach B. Teržan, F. Lo Schiavo und N. Trampuž-Orel). – M = 1:2. Steinkammer des Hügels II von Jalžabet in Kroatien konnten auch die Überreste eines verbrannten Pferdes nachgewiesen werden 91. Ferner wurden auch in den Steinkammergräbern von Süttö und Vaskeresztes in Ungarn verbrannte Pferdeknochen entdeckt 92. Auch wenn die aufgeführten Belege nicht ganz so alt wie der Hartnermichelkogel 1 sind, besteht der mehr als berechtigte Verdacht, dass die Tötung und Mitverbrennung von Pferden zum Grabritual der osthallstättischen Fürstengräber zählte. Wegen der frühen Zerstörung der Befunde im Hartnermichelkogel 1 wird sich die Mitgabe eines oder mehrerer Pferde zwar nie mehr absolut sicher beweisen lassen, aber es waren – wie unten noch zu zeigen sein wird – alle wesentlichen Elemente des Grabbaues, des Grabrituals und der Beigabenausstattung aus den jüngeren Fürstengrabhügeln von Kleinklein schon im ältesten Grab vorgegeben, und es würde nicht verwundern, wenn auch die Sitte der Mitverbrennung von Pferden schon in diesem Grab praktiziert wurde. B. Teržan verdanken wir noch die Erkenntnis, dass es sich zumindest bei einem Teil der geperlten Stabfragmente aus dem Hartnermichelkogel 1 (Abb. 5, 11) 93 um die Überreste eines geperlten Ösenhalsringes (Abb. 18) gehandelt haben dürfte 94. Von der zeitlichen Einordnung her passt ein geperlter Ösenhalsring gut zum Hartnermichelkogel 1; diese datieren laut B. Teržans Analyse in der Hauptsache in die Stufe Ha C. Da geperlte Ösenhalsringe in der vorangehenden Urnenfelderzeit nicht vorkommen, bestätigen sie noch einmal die durch den konischen Helm mit Rosshaarkamm belegte Datierung des Hartnermichelkogels 1 in die Hallstattzeit. Es gibt jedoch einen anderen Widerspruch aufzulösen: Geperlte Bronzehalsringe sind im Osthallstattkreis ein typisch weibliches Trachtelement 95 und stehen damit in krassem Gegensatz zur männlich-kriegerischen Ausstattung im Hartnermichelkogel 1. Zur weiblichen Ausstattung im Hartnermichelkogel 1 dürften auch noch das Bruchstück eines gerippten Armringes (Abb. 5, 12), die Bronzeperle (Abb. 5, 9) und der von F. Pichler im Text erwähnte spinnwirtelartige Tongegenstand 96 gehört haben, da Spinn- und Webutensilien zu den typisch weiblichen Grabbeigaben der Sulmtalnekropole zählen 97. Mehrfach wurde in herrschaftlichen bis fürstlichen Gräbern des Osthallstattkreises beobachtet 98, dass unter den in der Hauptsache männlich orientierten Beigaben auch weibliche Trachtbestandteile auftau- M. Šimek, Ein Grabhügel mit Pferdebestattung bei Jalžabet, Kroatien. In: B. Hänsel u. J. Machnik (Hrsg.), Das Karpatenbecken und die osteuropäische Steppe. Südosteuropa-Schr. 20. Prähist. Arch. Südosteuropa 12 (München, Rahden 1998) 505f. 92 Vadász, Süttö 51. – Fekete, Vaskeresztes 54. 93 Dobiat, Kleinklein Taf. A 1, 16-17. 20. 94 Teržan, Styria 99f. Karte 11. 91 B. Teržan, Ein Rekonstruktionsversuch der Gesellschaftsstruktur im Dolenjsko-Kreis der Hallstattkultur. Arh. Vestnik 36, 1985, 99 f. – Teržan, Styria 99f. 96 F. Pichler erwähnt im Manuskript vom 16. September 1861 auf Seite 3 eine »Art Wirtel« aus Ton. 97 Dobiat, Kleinklein 107ff. 98 Teržan, Styria 134ff. – Egg, Strettweg 187ff. bes. 228. 256f. 95 117 chen, die auf die Mitbestattung von Frauen in den Fürstengräbern hindeuten. Im Pommerkogel bei Kleinklein sind das zwei Kahnfibeln 99, im Kröllkogel bronzene Lockenringe und Spinnwirtel 100 und in Strettweg goldene Lockenringe, eine Dreiknopffibel und ein Armring 101, um nur einige Beispiele anzuführen. Die anthropologischen Untersuchungen der Leichenbrände in den modern ergrabenen Tumuli von Süttö und Vaskeresztes in Ungarn ergaben 102, dass jeweils ein älterer Mann und einige weitere Individuen, darunter mehrfach Frauen, beigesetzt wurden. M. Fekete und E. Vadász interpretierten diese Sachverhalte recht überzeugend dahingehend, dass der ältere Mann der eigentliche Grabinhaber war, dem andere Menschen, darunter auch Frauen und Kinder, ins Grab folgen mussten. Die anthropologische Untersuchung der verbrannten menschlichen Knochen aus dem Kröllkogel in Kleinklein, die bei der Nachgrabung von 1995 zu Tage getreten waren, weisen auch in diese Richtung 103: Es konnten laut den ersten vorläufigen Untersuchungen die Überreste von drei menschlichen Individuen nachgewiesen werden, unter denen sich laut Aussage der weiblichen Trachtelemente eine Frau befunden haben dürfte. Die Halsringfragmente aus dem Hartnermichelkogel 1 von Kleinklein deuten an, dass Totenopfer schon ganz am Beginn der Fürstengrabsitte in der frühen Stufe Ha C exerziert wurden 104. Bemerkenswert erscheint der auffällige Unterschied in der Stellung der Frau zwischen Ost- und Westhallstattkreis: Nordwestlich der Alpen wurden Frauen als Hauptpersonen mit fürstlichen Ausstattungen beigesetzt – als Beispiel sei das berühmte Grab der Fürstin von Vix in Burgund genannt 105 –, während im Osthallstattkreis ausschließlich »männliche« Fürstengräber vorkommen 106. Von den Tongefäßen wissen wir nicht viel mehr, als dass bei der Aktion von 1844 einige Scherben, eine davon aus gelblichem Ton mit roter Bemalung, geborgen wurden 107. Da breite Längsfurchen und kurze starke Hörner dieses Tongefäß schmückten, soll es »besonders zierlich« gewesen sein. F. Pichler berichtet, dass 1861 auch »Thonstücke, drei Postamentchen, eine Art Wirtel und zwei Henkelstücke – vielleicht ganz modern« 108 in das Joanneum eingeliefert wurden. Bei dem »Wirtel« könnte es sich um einen Spinnwirtel gehandelt haben, eine in den Frauengräbern der Sulmtalnekropole vielfach wiederkehrende Beigabe 109. Die Tonobjekte erlitten ein noch unglücklicheres Schicksal als die Metallfunde aus dem Hartnermichelkogel 1, denn sie wurden weder abgebildet, noch blieben sie erhalten. Trotz der sehr schlechten Überlieferungsbedingungen zeigt sich, dass der Hartnermichelkogel 1 eine sehr viel luxuriösere und aufwändigere Grabausstattung enthielt als bislang angenommen (Abb. 19). Die Bewaffnung bestand nicht nur aus dem in der Tradition der Urnenfelderkultur stehenden Antennenschwert und dem Lappenbeil, sondern umfasste noch einen konischen Helm mit Rosshaarkamm und einen zweischaligen Bronzepanzer, deren Wurzeln in der Mittelmeerregion zu suchen sind und die weitreichende Kulturkontakte anzeigen. Die Bronzetrense belegt, dass man sich den Krieger aus dem Hartnermichelkogel 1 als Reiter vorstellen darf; wahrscheinlich folgten dem Kriegerfürsten sogar ein oder mehrere Pferde ins Grab. Die Mitgabe von weiblichem Ringschmuck weist auf eine Tötung und Mitbestattung anderer Menschen zu Ehren des mächtigen Toten hin. Darüber hinaus wurden sowohl Bronze- als auch Keramikgefäße im Grab niedergelegt. Insgesamt stellt das aber sicher nur einen Teil der einst sehr viel reicheren Beigabenausstattung dar: Die Nachgrabung im Kröllkogel im Jahre 1995 110 förderte eine große Menge verschmolzener Bronzetropfen zu Tage, die von im Scheiterhaufen zerstörten Bronzeobjekten stammen, die exemplarisch vorführen, dass bei einer Brandbestattung vielfach ein Teil der Metallobjekte 99 100 101 102 103 104 Kossack, Südbayern 43 Abb. 10, 6-7. – Teržan, Styria 136. Die Lockenringe werden in der Publikation von W. Schmid (Schmid, Klein Glein 271, i) erwähnt, und die Spinnwirtel finden sich in C. Dobiats Buch (Dobiat, Kleinklein Taf. 110, 14. 16). Egg, Strettweg 228 Abb. 112. Vadász, Süttö 53. – Fekete, Vaskeresztes 54. Diese Hinweise verdanke ich Frau K. Wiltschke-Schrotta, Wien, die die menschlichen Leichenbrandreste aus dem Kröllkogel untersucht (Egg/Kramer, Krieger 10). Es sei aber keineswegs behauptet, dass unbedingt die Hauptfrau dem Fürsten ins Grab folgen musste, denn sie 118 105 106 107 108 109 110 war bei einer matri- wie patrilinearen Filiation die Mutter des Nachfolgers und dürfte sehr wahrscheinlich eine wichtige Rolle als Königsmutter gespielt haben; deshalb ist eher an die Tötung einer Konkubine zu denken. Vgl. dazu C. Rolley (Hrsg.), La Tombe princière de Vix (Paris 2003). Teržan, Styria 134. – Egg, Strettweg 257. Pratobevera, Saggauthal 188. F. Pichler, Manuskript vom 16. September 1861 S. 3. Dobiat, Kleinklein 107f. Abb. 15. Egg/Kramer, Krieger 9. Abb. 19 Kleinklein, Hartnermichelkogel 1: Rekonstruktion der Grabausstattung. – (Zeichnung M. Ober). beschädigt bzw. zerstört wurde. Im Hartnermichelkogel 1 kommt zudem noch die extrem schlechte Fundüberlieferung hinzu. Trotz dieser Mängel rücken das Totenopfer, der Helm, das Pferdegeschirr, die Metall- und Tongefäße sowie der große Grabhügel mit Steinkammer das Fürstengrab im Hartnermichelkogel 1 (Abb. 19) sehr viel näher an die anderen Fürstengräber des Südostalpenraumes heran 111. Innerhalb der Fürstengräber von Kleinklein (Abb. 2) zeichnet sich eine zeitliche Abfolge ab: Am Beginn entstand der Hartnermichelkogel 1, um den sich in den folgenden ca. 150 Jahren die herausragendsten Fürstengräber des gesamten Osthallstattkreises scharten. Räumlich am nächsten steht ihm der Hartnermichelkogel 2; deshalb dürfte hier sein Nachfolger bestattet worden sein. Auch das Panzerfragment aus dem Hartnermichelkogel 2 (Abb. 10) 112 steht dem Exemplar aus dem Hartnermichelkogel 1 sehr nahe und unterscheidet sich deutlich von der sehr viel reicher geschmückten Panzern aus den späten Fürstengräbern. Deutlich jünger als der Hartnermichelkogel 1 dürfte der Pommerkogel sein 113, der anhand der 111 112 Vgl. dazu Egg, Fürstengräber 53-86. Pratobevera, Saggauthal 188f. – Schmid, Klein Glein 223f. – Wie die Nachsuche im Joanneum Graz ergab, ist das Panzerfragment, das von der Rückenschale stammt, heute noch vorhanden und entspricht in allen Details den bekannten Panzern aus dem Pommer- und dem Kröll- kogel (Schmid, Klein Glein 226ff. Abb. 7-8. 255ff. Abb. 33. – von Merhart, Panzer-Studie 33ff. Abb. 3-4. – Hansen, Panzerung 7ff. Abb. 1). 113 Pratobevera, Saggauthal 189ff. – Schmid, Klein Glein 224ff. – Dobiat, Kleinklein 371f. Rad. A 2-A 4. 119 Kahnfibeln in die zweite Hälfte des 7. Jahrhunderts v. Chr. zu datieren sein dürfte 114. Der jüngste Grabhügel von Kleinklein ist der Kröllkogel, der in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts v. Chr. errichtet worden sein dürfte 115. Auch diese Bestattung muss noch ein Nachfolger ausgerichtet haben, der aber nicht mehr in Kleinklein begraben wurde. Diese noch etwas schemenhafte Abfolge legt den Schluss nahe, dass in jeder Generation nur ein Angehöriger der obersten herrschenden Elite in Kleinklein beigesetzt wurde und dass diese Gruppe die führende Position über mehrere Generationen hinweg in den Händen hielt. Die Großgrabhügel von Kleinklein standen mit größter Wahrscheinlichkeit in einer Beziehung zueinander, die sehr wahrscheinlich etwas mit Abstammung und mit der Legitimation von Herrschaft zu tun haben dürfte 116 – diese Abfolge bezeugt damit ein ausgeprägtes dynastisches Bewusstsein. Indem ein Fürst seinen verstorbenen Vorgänger neben seinen Ahnen beisetzen ließ, berief auch er sich auf seine Vorfahren und legitimierte damit seinen eigenen Machtanspruch 117 – egal, ob er berechtigt war oder nicht. Mit der Errichtung des Hartnermichelkogels 1 begründete man eine sehr erfolgreiche, über fünf Generationen andauernde Tradition, die mächtigste Person der Burgstallkogler Gesellschaft neben dem Hartnermichelkogel 1 zu bestatten. Es gelang dieser mächtigen politischen Elite offenbar, ihre Machtposition über ca. 150 Jahre zu institutionalisieren, und bemerkenswerterweise steigerten sie noch von Generation zu Generation ihren Reichtum und den Prunk in den Fürstengräbern 118. Der Kriegerfürst aus dem Hartnermichelkogel 1 dürfte eine herausragende und charismatische Person gewesen sein, die man nicht mehr auf dem seit der Gründung der Siedlung im 9. oder gar vielleicht 10. Jahrhundert v. Chr. benutzten Bestattungsplatz westlich des Burgstallkogels begrub 119, sondern für deren Grablege man einen neuen, von dem der übrigen Bevölkerung deutlich abgesetzten Ort im Tal der Saggau auswählte (Abb. 1). Aus der späten Urnenfelderzeit im 9. vorchristlichen Jahrhundert liegt aus der Sulmtalnekropole westlich des Burgstallkogels mit dem Grabhügel 17 der Forstwaldgruppe auf dem Gemeindegebiet von Gleinstätten (Abb. 20-22) eine auffällige Kriegerbestattung mit der Beigabe eines bronzenen Griffzungenschwertes (Abb. 22, 12), eines bronzenen Lappenbeiles (Abb. 22, 13), eines Schleifsteines (Abb. 22, 11) und einer reichen Keramikausstattung (Abb. 20-21, 1-10) vor 120. Die Angriffswaffen zeigen eine große Ähnlichkeit mit denen aus dem Hartnermichelkogel 1. In dem Grab wurde auch ein Spinnwirtel (Abb. 22, 14) entdeckt 121, der auf eine weibliche Mitbestattung hindeuten dürfte. Es gab damit am Burgstallkogel schon in der späten Urnenfelderzeit Ansätze zur Ausbildung einer Kriegerelite. Da nur etwa 10% der Grabhügel wissenschaftlich untersucht wurden, bleibt freilich offen, ob während der späten Urnenfelderzeit jeweils ein oder aber mehrere konkurrierende Schwertkrieger gleichzeitig auf dem Burgstallkogel existierten. Der Hügel 17 der Forstwaldgruppe zeigt, dass im Gegensatz zur Hallstattzeit die Grabhügel der Elitegräber in der ausgehenden Urnenfelderzeit noch relativ klein waren und dass die Beigabenausstattung sich noch auf ein großes Keramikservice und die Angriffswaffen beschränkte. Außerdem wurden die Angehörigen dieser frühen Kriegerelite noch inmitten der anderen Gesellschaftsmitglieder auf dem alten Bestattungsplatz begraben (Abb. 1). In der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts v. Chr. kommt es mit dem Hartnermichelkogel 1 zu einem wesentlichen Wandel: Die führende politische Elite lässt sich im Saggautal weit ab vom Bestattungsplatz der restlichen Bevölkerung in für die Verhältnisse des 8. Jahrhunderts v. Chr. außerordentlich großen Tumuli beisetzen (Abb. 1; 2). Die Beigabenausstattung und damit die Statussymbole wurden deutlich erweitert, Die beiden Fibeln sind bei Kossack, Südbayern 43 Abb. 10, 6-7 abgebildet. 115 Schmid, Klein Glein 247ff. – Dobiat, Kleinklein 372 Taf. A 5-A 9. – Dobiat, Kröll-Schmiedkogel 29ff. – Egg/Kramer, Krieger 13. 16. 31. 116 Zu dieser Frage nach der sehr wichtigen Akzeptanz bzw. Legitimität eines Herrschers durch seine Untertanen siehe G. Lenski, Macht und Privileg – eine Theorie der sozialen Schichtung (Frankfurt 1977) 78ff. 117 Die Untertanen jedes Mal neu zu unterwerfen, wäre ein sehr aufwändiges Unterfangen. Zur Bedeutung mächti114 120 118 119 120 121 ger Toter und ihrer Rolle als »Prisma der Macht« vgl. O. B. Rader, Grab und Herrschaft – politischer Totenkult von Alexander dem Großen bis Lenin (München 2003). Dobiat, Kleinklein 169f. Dobiat, Kleinklein 16ff. Karte 1-2. V. Radimsky u. J. Szombathy, Urgeschichtliche Forschungen in der Umgegend von Wies in Mittel-Steiermark II. Mitt. Anthr. Ges. Wien 15, 1885, 120ff. – Dobiat, Kleinklein 218f. Taf. 34, 12-13. Dobiat, Kleinklein Taf. 34, 14. Abb. 20 Gleinstätten, Forstwald, Grab 17: Tongefäße. – (Nach C. Dobiat). – M = 1:4. 121 Abb. 21 Gleinstätten, Forstwald, Grab 17: Tongefäße. – (Nach C. Dobiat). – M = 1:4. 122 Abb. 22 Gleinstätten, Forstwald, Grab 17: 1-10 Tongefäße. – 11 Schleifstein. – 12 Bruchstück eines Griffzungenschwertes aus Bronze. – 13 Lappenbeil aus Bronze. – 14 Spinnwirtel aus Ton. – 15 Bronzering. – (Nach C. Dobiat). – 1-10 M = 1:4; 11-15 M = 1:3. und neben Angriffswaffen wurden nun auch Helm sowie Panzer, Pferdegeschirr und Bronzegefäße im Grab deponiert (Abb. 19). In den folgenden 150 Jahren gab es in jeder Generation nur ein Fürstengrab in Kleinklein, und es scheint sich damit spätestens mit der Errichtung des Hartnermichelkogels 1 eine »monarchische« Sozialordnung am Burgstallkogel durchgesetzt zu haben. Hinter diesem Abgrenzen von den übrigen Gesellschaftsschichten und der damit beabsichtigten Heroisierung der mächtigen Toten dürfte sich u.a. auch der Wunsch bzw. der Versuch verbergen, die führende Position nicht nur durch politische, militärische und wirtschaftliche Maßnahmen, sondern auch durch einen entsprechenden ideologisch-religiösen Überbau zu festigen und damit zu institutionalisieren: Die Herrscher dürften dabei mit einer besonders edlen, wahrscheinlich überirdischen Abstammung versehen worden sein, so dass sie zu »Herrschern von Gottes bzw. der Götter Gnaden« wurden und auch im Tod nicht mehr neben den Normalsterblichen bestattet werden konnten (Abb. 1). In jüngster Zeit wurde mehrfach der Versuch unternommen, die Fürstengräber der Sulmtalgruppe sozialhistorisch zu deuten. Der Autor versuchte einen Vergleich der archäologischen Befunde mit den in 123 der Ethnologie und Kulturanthropologie gewonnenen Erkenntnissen 122: Einige Merkmale entwickelter Häuptlingstümer bzw. früher Königtümer (nach ethnologischer und kulturanthropologischer Definition) wie Macht über Leben und Tod, das ausgeprägte Interesse an Fremden, das dynastische Bewusstsein und das protzige Zur-Schau-Stellen von Macht begegnen auch im Grabritual und in den Beigabenausstattungen osthallstattzeitlicher Fürstengräber, und demzufolge wurde ein ähnlicher Rang für sie vorgeschlagen. Dass aber nicht alle Kulturgruppen des Osthallstattkreises diesem »monarchischen« Modell nacheiferten, demonstriert ein Vergleich zwischen den steiermärkischen Fürstengräbern und der Unterkrainischen Hallstattkultur: Während sich in Unterkrain mit den Sippengrabhügeln eine eher oligarchisch orientierte Sozialordnung etablierte, scheint sich in der Steiermark ein eher monarchisches System durchgesetzt zu haben 123. G. Tomedi spann diesen Faden weiter und verglich Kleinklein mit dem Fallbeispiel der »Homerischen Gesellschaft«; er kam auch zum Ergebnis, dass die Kleinkleiner Fürsten mit Monarchen gleichzusetzen sind 124, während sich in Unterkrain ein eher oligarchisches System etablierte. Schwierig zu beantworten ist die Frage, warum sich in einigen Regionen eine monarchische Sozialordnung durchsetzte und in anderen nicht. Aber auch in Gebieten mit guter historischer Überlieferung findet sich oft ein Nebeneinander unterschiedlicher Sozialordnungen. Es sei hier an die griechischen Stadtstaaten der Antike erinnert, in denen sich vom Königtum über Oligarchie und Tyrannis bis zur Demokratie alle Formen der Herrschaft wiederfinden lassen. Auch in der Osthallstattkultur gab es offensichtlich recht unterschiedliche Formen der Machtausübung. Am Burgstallkogel etablierte sich dabei ein System mit mächtigen Herrschern, die sich über fünf Generationen weiterentwickelten. Dabei geraten wir in Kleinklein in den Bereich historischer Abläufe, die mit rein archäologischen Methoden kaum rekonstruierbar sind. Die Untersuchung des Hartnermichelkogels 1 führt uns eindringlich vor Augen, dass die Herausbildung der Fürstengräber in Kleinklein sehr früh, nämlich in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts v. Chr., begann. In der Steiermark verlief dieser Prozess damit zeitlich parallel zur Entwicklung in Italien. Im etruskischen Mittelitalien wurden im 10. und 9. Jahrhundert v. Chr. auch vielfach Höhensiedlungen gegründet 125, und im 8. Jahrhundert fand auf ihnen eine starke soziale Aufgliederung statt, die sich in den umliegenden Gräberfeldern nachzeichnen lässt. Von Generation zu Generation nimmt der Reichtum der »herrschaftlichen« Gräber zu 126, und die sehr dynamisch verlaufende Entwicklung gipfelt in den etruskischen Fürstengräbern der Orientalisierenden Epoche, deren ältester Vertreter die um 725 v. Chr. errichtete »Tomba del Guerriero« in Tarquinia in Südetrurien darstellt 127. Die etruskischen Gräber sind zwar noch reicher ausgestattet als die südostalpinen Fürstengräber, aber das Bemerkenswerte ist nicht der Unterschied im Reichtum, sondern die zeitliche Nähe beider Phänomene. Auch im östlichen Oberitalien, in Verucchio, lief gleichzeitig ein mehr oder weniger gleicher Prozess ab 128: Im ausgehenden 8. Jahrhundert v. Chr. erscheinen auch dort die ersten Fürstengräber, was die »Tomba del Trono« eindringlich zeigt. In Verucchio wie in Kleinklein tragen die mächtigsten Männer die gleichen Helme (Abb. 7; Taf. 6, 1), und auch sonst gibt es viele Gemeinsamkeiten wie die Beigabe eines bronzenen Lappenbeiles ähnlichen Typs oder bronzener Pferdetrensen. Verucchio bildet dabei das Verbindungsglied Egg, Fürstengräber. – Egg, Strettweg 187ff. Egg, Fürstengräber 82f. – Egg, Waffenbrüder 342ff. – Tomedi, Frög 293ff. 124 Tomedi, Frög 289ff. 125 Vgl. Pacciarelli, Villaggio 115ff. zu den italischen Höhensiedlungen. – Zu den Höhensiedlungen der KleinkleinMartijanec-Gruppe vgl. D. Kramer, Vom Neolithikum bis zur römischen Kaiserzeit. Untersuchungen zur ältesten Besiedlungsgeschichte der Steiermark, mit besonderer Berücksichtigung der mittelsteirischen Höhensiedlungen. Mitt. Österr. Arbeitsgem. Ur- u. Frühgesch. 31, 1981, 21ff. – Teržan, Styria 204ff. – Dobiat, Burgstallkogel 65. 126 Vgl. Pacciarelli, Villaggio 217ff. – Diese Entwicklung 122 123 124 lässt sich am Beispiel der Helmgräber in Etrurien besonders deutlich nachzeichnen (vgl. Born/Nebelsick, Prunkhelm 25ff.). 127 Vgl. dazu die Zusammenstellungen der reichen Gräber Etruriens bei I. Strøm, Problems concerning the Origin and early Development of the Etruscan Orientalizing Style. Odense Univ. Press Class. Studies 2 (Odense 1971) 140ff. – D. Marzoli, Die Bronzefeldflaschen in Italien. PBF II, 4 (München 1998) 48ff. 128 Vgl. dazu Gentili, Verucchio 293ff. – von Eles, Guerriero. – M. Torelli, Il Ragno, il Rito e l’Imagine – alle Origini della Rappresentazione Storica Romana (Mailand 1997) 52ff. zwischen dem etruskischen Mittelitalien und dem Osthallstattkreis. Darin spiegelt sich gleichzeitig das weitreichende Beziehungsgeflecht der frühen Hallstattzeit wider, und es ist zu vermuten, dass neben dem rein dinglichen Austausch von Luxusgütern auch so manche elitäre Vorstellung, die zur Ausbildung der Fürsten von Kleinklein beigetragen hat, aus dem weiterentwickelten Mittelitalien übernommen worden war 129. Auch wenn Kleinklein am Rande dieses komplexen Prozesses der Machtkonzentration und frühen Urbanisierung lag, steht die soziale Entwicklung in Kleinklein in einer Reihe mit der Genese italisch-etruskischer Eliten der Orientalisierenden Phase und lief mehr oder weniger zeitgleich ab. Dass diese Fürstengräber in der Toskana und in Latium mit einem ausgeprägten Königtum – egal, ob man den Herrscher als Lucumon oder Rex bezeichnete – zusammenhängen, steht dort außer Zweifel, und ich sehe keinen Grund, warum man den in den Fürstengräbern von Kleinklein beigesetzten Herrschern, die in der gleichen Entwicklungsreihe stehen, nicht einen entsprechenden Rang zugestehen sollte 130. ABGEKÜRZT ZITIERTE LITERATUR Beinhauer, Novilara: K. W. Beinhauer, Untersuchungen zu den eisenzeitlichen Bestattungsplätzen von Novilara (Provinz Pésaro und Urbino/Italien) (Frankfurt am Main 1985). Born/Hansen, Helme: H. Born u. S. Hansen, Helme und Waffen Alteuropas. Samml. A. Guttmann 9 (Mainz 2001). Born/Nebelsick, Prunkhelm: H. Born u. L. D. Nebelsick, Ein bronzener Prunkhelm der Hallstattzeit. Samml. A. Guttmann 1 (Berlin 1991). Chantre, Caucase: E. Chantre, Recherches Anthropologiques dans le Caucase 2 (Paris, Lyon 1886). Courbin, Argos: P. Courbin, Une tombe géometrique d’Argos. Bull. 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Wie oben dargestellt, gab es in Unterkrain mit seinen Sippengrabhügeln eine soziale Ordnung, die eher an eine Oligarchie als an ein monarchisches System erinnert (Egg, Waffenbrüder 342ff. – Tomedi, Frög 293ff.). Egg, Fürstengräber: M. Egg, Zu den Fürstengräbern im Osthallstattkreis. In: E. Jerem u. A. Lippert (Hrsg.), Die Osthallstattkultur – Akten Internat. Symposium Sopron 1994 (Budapest 1996) 53ff. Egg, Helme: M. Egg, Die ältesten Helme der Hallstattzeit. In: Antike Helme. Monogr. RGZM 14 (Mainz 1988) 212ff. Egg, Radkersburg: M. Egg, Zum »Fürstengrab« von Radkersburg (Südsteiermark). Jahrb. RGZM 33, 1986, 199ff. Egg, Strettweg: M. Egg, Das hallstattzeitliche Fürstengrab von Strettweg bei Judenburg in der Obersteiermark. Monogr. RGZM 37 (Mainz 1996). Egg, Waffenbrüder: M. Egg, Waffenbrüder? Eine ungewöhnliche Bestattung der Frühlatènezeit in Novo mesto in Slowenien. Jahrb. RGZM 46, 1999, 317ff. Egg/Kramer, Krieger: M. Egg u. D. Kramer, Krieger – Feste – Totenopfer. 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